Personalnot gibt es auch in Kindergärten und Horten
Die sogenannte „Kindergarten-Milliarde“ für 5 Jahre wird daran nichts ändern
Der schulische Bereich klagt über die Personalsituation und im Bereich der Elementarpädagogik zeigt sich das gleiche Bild: Der Personalmangel in den Kindergärten und Horten verschärft sich weiter.
Gleichzeitig beschließt die Bundesregierung eine sogenannte „Kindergarten-Milliarde“ für fünf Jahre für ganz Österreich, die nicht einmal annähernd dazu geeignet ist, Maßnahmen gegen diesen Personalmangel zu setzen.
Die großen privaten Trägerorganisationen in Wien – Diakonie Bildung, Kinderfreunde Wien, KIWI-Kinder in Wien und St. Nikolausstiftung – schlagen einmal mehr Alarm. Für den Start im September fehlen den vier Träger*innen mehr als 300 Pädagog*innen. Das Schuljahr ist zu Ende und es gibt nicht ausreichend Bewerbungen von den Absolvent*innen der BAfEPs. Mit Kollegs versucht der Bund gegenzusteuern, aber das ist zu wenig. Auch die Quereinsteiger*innenprogramme laufen nur schleppend an und großteils sind dabei die Trägerorganisationen gefordert, die Ausbildung mitzugestalten und diese auch mitzufinanzieren.
Personalmangel: Betrieb nicht gewährleistet
So kann es im Herbst nicht weitergehen: Die angespannte Situation in Kindergärten und Horten spitzt sich immer weiter zu: Neben dem Fachkräftemangel befeuern Krankenstände, Quarantänen, Freistellungen von Schwangeren und Risikogruppen die personelle Notlage an den Standorten. Gruppen- und sogar Standortschließungen sind deshalb bereits vorprogrammiert, da sind sich alle Geschäftsführer*innen einig. Die Leidtragenden sind in erster Linie die Kinder, ihnen wird wertvolle Bildungszeit genommen, und andererseits die Eltern, die sich kurzfristig um eine Betreuung der Kinder kümmern müssen. Jedem Kind einen entwicklungsförderlichen Bildungsalltag zur Verfügung zu stellen, ist das Ziel jeder Fachkraft. Ist dies aufgrund der Rahmenbedingungen nicht möglich, ist der Druck zu groß und die Kolleg*innen verlassen frustriert das Berufsfeld.
Politisches Versagen
Für Expert*innen im Bereich der Elementarpädagogik ist die Entwicklung nicht überraschend. Seit Jahrzehnten wird auf den Stellenwert und die prekäre Situation in der frühkindlichen Bildung hingewiesen, aber die verantwortlichen Politiker*innen handeln nicht.
Seitens der Träger*inneninitiative Elementare Bildung Wien wurden daher alle Bildungspolitiker*innen in Wien sowie seitens des Bundes eingeladen, einen Tag im Kindergarten zu hospitieren. Politiker*innen fast aller Parteien sind unserem Aufruf gefolgt. Nicht zuletzt auch Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr. Ihre Erkenntnisse vom Hospitationstag haben sie am Ende des Tages formuliert:
#kindergartenbraucht
- kleinere Gruppen
- mehr Personal/Pädagog*innen
- besseren Fachkraft-Kind-Schlüssel
- Anerkennung als erste Bildungseinrichtung
- Zeit, Raum, Ressourcen, Expertise
- mehr Wertschätzung
- endlich mehr Unterstützung und echte Taten durch Bund, Land und Gemeinden
- die allerbesten Rahmenbedingungen, damit die Menschen, die hier arbeiten gerne, existenzsichernd und mit Freude bleiben
- Investitionen, weil er Zukunft ist
All diese Forderungen bzw. Erkenntnisse sind die Basis für Qualität in der Elementarpädagogik. Laut Österreichischem BildungsRahmePlan (S. 25) ist die „pädagogische Qualität in elementaren Bildungseinrichtungen für die Entwicklung der Kompetenzen junger Kinder und damit für die Bildungsbiografie von ausschlaggebender Bedeutung. Daher wäre es nun sehr wichtig, dass den Erkenntnissen seitens der Bildungspolitiker*innen Taten folgen – denn die Situation ist und bleibt prekär.
Bessere Rahmenbedingungen statt 15a Jubelmeldung
Die Strukturqualität in der Elementarpädagogik ist der ausschlaggebende Faktor, damit Kinder gut, gesund und chancengerecht aufwachsen können. Der Kindergarten legt den Grundstein für die weitere Bildungslaufbahn jedes Kindes. Jede Investition wirkt sich auf das weitere Leben der Kinder sowie die Gesellschaft im Allgemeinen aus.
Die Lebensqualität der Kinder wurde in den letzten zwei Jahren oftmals radikal eingeschränkt. Zahlreiche Studien belegen, dass Kinder und Jugendliche unter Belastungsstörungen und unterschiedlichen psychischen Folgen der Pandemie leiden. Gut ausgestattete und qualitativ hochwertige elementare Bildungseinrichtungen können Kinder in Krisensituationen gut begleiten und sie für ihren Lebensweg stärken. Wir fordern daher alle Politiker*innen auf, den Kindergarten endlich aufzuwerten und die nötigen personellen und finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen.
Konkret fordern wir:
- Mehr Fachpersonal und kleinere Gruppen, damit Kinder gut und entwicklungsgerecht begleitet werden können. Bessere Rahmenbedingungen würden dazu führen, dass mehr Pädagog*innen in den Beruf einsteigen und Kolleg*innen zurückkehren. Personal kann auch durch gute und praxisnahe Quereinsteiger*innenprogramme sowie den Fachbereichen Psychologie, Ergotherapie, Sozialarbeit, Logopädie etc. gewonnen werden.
- Entlastung des pädagogischen Personals durch administrative Unterstützung
- Österreichweit einheitliche Rahmenbedingungen (Stichworte: Fachkraft-Kind-Schlüssel, Gehalt, Gleichstellung von öffentlichen und privaten Trägerorganisationen, Zeit für mittelbare pädagogische Arbeit etc.)
Es darf nicht bei kosmetischen Zugeständnissen für mediale Jubelmeldungen – nichts anderes ist die kürzlich beschlossene 15a-Vereinbarung – seitens der Politiker*innen bleiben. Wir brauchen endlich einen Qualitätsschub, der den Kindern und Mitarbeiter*innen zugutekommt.
Bei Rückfragen stehen Ihnen unsere Mediensprecherinnen gerne zur Verfügung:
Diakonie Bildung:
Karin Brandstötter, T: 0664 827 34 83,
karin.brandstoetter@diakonie.at, www.bildung.diakonie.at
Kinderfreunde Wien:
Michaela Müller-Wenzel, T: 0664 542 31 58,
michaela.mueller-wenzel@wien.kinderfreunde.at, www.wien.kinderfreunde.at
Kinder in Wien (KIWI):
Susanne Borth, T: 0664 886 89 008
s.borth@kinderinwien.at, www.kinderinwien.at
St. Nikolausstiftung
Gabriele Zwick, T: 0664 610 1398
g.zwick@nikolausstiftung.at, www.nikolausstiftung.at