Kindergarten müht sich mit der Baustelle „Wertekompass“

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Kindergarten müht sich mit der Baustelle „Wertekompass“

Tagung in Wien – ExpertInnen beraten über die Umsetzung des vorgeschriebenen Werte- und Orientierungsleitfadens in die Praxis – Pädagoginnen und Pädagogen als BrückenbauerInnen in pluraler Lebensrealität Kindergarten

„Was gehen uns die Anderen an?“, so der Titel der diesjährigen Tagung der interdiözesanen Arbeitsgemeinschaft, kurz IDA, welche vom 19.-20. November in Wien stattfand. ExpertInnen aus dem elementaren Bildungsbereich wie BAfEP-DirektorInnen, AbteilungsvorständInnen, Verantwortliche des österreichischen Kindergarten- und Hortwesens aus dem diözesanen Bereich sowie dem Ordensbereich, setzten sich fachlich mit religiöser und kultureller Pluralität im Kindergarten auseinander.

Gerade durch den Beschluss der aktuellen 15a-Vereinbarung für den Ausbau der Kinderbetreuung, welcher österreichweit in allen elementarpädagogischen Einrichtung die Arbeit nach dem so genannten „Werte- und Orientierungsleitfaden“ vorsieht, verlieh dem Thema zusätzliche Aktualität. Vor allem ungeklärte Fragen zu genauer Handhabung und auch Sanktionierung löst in der Branche Unsicherheit aus: „Die in Österreichs Kindergärten tätigen Pädagoginnen und Pädagogen befinden sich derzeit in einer schwierigen Situation. Einerseits sollen sie für eine flächendeckende Umsetzung des Wertekompasses sorgen, inklusive Kopftuchverbot, andererseits möchten wir, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter religiöse und kulturelle Pluralität der Kinder wertschätzen. Sie sind gefordert, thematisch kindgerechte Bildungsimpulse zu setzen“, beschreibt Susanna Haas, Koordinatorin der IDA und pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung, die Situation. Vor allem die Angst vor möglichen Sanktionen seitens des Bundes verunsichere, so Haas weiter.   

Diese Unsicherheit kann auch Mag.a Nina Hover-Reisner, Studiengangsleiterin Sozialmanagement in der Elementarpädagogik an der FH Campus Wien, bestätigen. Sie präsentierte den TagungsteilnehmerInnen die Studienergebnisse der Pluki-Studie (Pluralität in Wiener Kindergärten und Kindergruppen unter besonderer Berücksichtigung sogenannter „islamischer“ Einrichtungen): „In unserer Untersuchung haben wir Unbeholfenheit und Unsicherheit von Pädagoginnen und Pädagogen im Umgang mit Religion und religiöser Vielfalt wahrgenommen. Sichtbar wurde dies in der Studie daran, dass der Umgang mit Religion und religiöser Vielfalt eher aus einem Alltagsverständnis heraus behandelt wird und weniger basierend auf fachlich begründbaren Positionen. Pädagoginnen und Pädagogen sind Teil einer Gesellschaft, die Religion, und besonders dem Islam, mit tendenziellem Unverständnis und Abwertungen gegenüber steht. Sie spiegeln hier also eine gesellschaftliche Realität.“

Umgekehrt ist es die Anerkennung anderer Kulturen und Religionen, die ein gutes Miteinander ausmacht, ist Univ.-Prof. Dr. Henning Schluss, Institut für Bildungswissenschaften an der Universität Wien, überzeugt. Er erarbeitete in seinem Impulsvortrag die Frage nach dem „Anders sein“. Sein Fazit: „Wenn wir danach fragen ‚was uns die Anderen angehen‘ und dann fragen, wer die Anderen eigentlich sind, dann kommen wir sehr schnell zu der Erkenntnis, dass wir alle ‚andere‘ sind.“ Mit dieser Schlussfolgerung lässt sich somit auch „das Andere“ leichter anerkennen.

Fazit: Eine der zukünftigen Herausforderungen von Bildungseinrichtungen und Trägerorganisationen der Elementarpädagogik wird sein, Pädagoginnen und Pädagogen intensiver im Bereich der religiösen und kulturellen Vielfalt zu unterstützen, um ihnen den Umgang mit Diversität im Kindergartenalltag zu erleichtern. Dies kann jedoch nur in ausreichendem Maße gelingen, wenn endlich die vielzitierte Verbesserung der Rahmenbedingungen im Kindergarten seitens der Politik schrittweise umgesetzt wird. 

Über die IDA-Tagung

Elementarpädagogik im Blickpunkt! Auf der einmal im Jahr stattfindenden Fachtagung der interdiözesanen Arbeitsgemeinschaft – kurz IDA genannt – treffen sich Fachleute aus ganz Österreich: BAfEP-DirektorInnen, AbteilungsvorständInnen und Verantwortliche des österreichischen Kindergarten- und Hortwesens aus dem diözesanen Bereich sowie dem Ordensbereich. Der Austausch zukunftsweisender Fragestellungen im Kindergartenbereich ist fachlicher Tagungsschwerpunkt. Die diesjährige IDA-Tagung fand von 19.-20.11.2018 im Kardinal-König Haus in Wien statt.

Rückfragehinweis:

Mag.a Gabriele Zwick, g.zwick@nikolausstiftung.at, 0664/6101398

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