Kinderarmut in Österreich – IDA Tagung

, ,

368.000 Kinder und Jugendliche sind von Kinderarmut betroffen. Was bedeutet das für elementarpädagogische Einrichtungen und Schulen?

Auf der einmal im Jahr stattfindenden Fachtagung der interdiözesanen Arbeitsgemeinschaft – kurz IDA – treffen sich Fachleute aus ganz Österreich: BAfEP-DirektorInnen, AbteilungsvorständInnen, Verantwortliche des österreichischen Kindergarten- und Hortwesens aus dem diözesanen Bereich sowie dem Ordensbereich und dem Fachverlag Unsere Kinder. Die zentralen Fragen der heurigen Klausur lauteten: Wie wird sich die Kinderarmut im Kontext multipler Krisen entwickeln? Was bedeutet es für die Elementarpädagogik und welche Kompetenzen und Unterstützungsmaßnahmen brauchen PädagogInnen?

Kinderarmut wirkt sich auf alle Lebensbereiche aus

Über die Facetten eines Aufwachsens in Armut und wie man Kinderarmut entgegenwirken könnte, referierte Hanna Lichtenberger, Kinderarmut- und Sozialpolitikexpertin der Volkshilfe Österreich. Ein Überblick: 1.519.000 Menschen (17 Prozent) in Österreich waren 2021 armuts- oder ausgrenzungsgefährdet (Quelle: Statistik Austria 2022). „368.000 Kinder und Jugendliche sind in Österreich von Armut und Ausgrenzung bedroht. Das Aufwachsen in Armut prägt alle Lebensbereiche und das ganze Leben. Gerade in Zeiten der Teuerung müssen wir als Gesellschaft den Fokus auf die Sicherung aller Kinder in diesem Land richten und ins Handeln kommen“, verweist Hanna Lichtenberger auf die aktuelle prekäre Situation.

2020, im ersten Jahr der Corona-Krise, waren 303.000 Kinder und Jugendliche von Armut und sozialer Ausgrenzung betroffen. Kinderarmut wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens aus, dies betrifft nicht nur die reduzierte finanzielle Sicherheit. Benachteiligungen ergeben sich auch in Bezug auf die Gesundheit, den Bildungsweg oder die soziale Partizipation. Die Pandemie wirkte sich auf das Leben aller Menschen in Österreich aus, jedoch von unterschiedlichen Startbedingungen aus. Armutsbetroffene Familien waren in der Pandemie mit zahlreichen Herausforderungen und Belastungen konfrontiert: beengter Wohnraum, unsichere finanzielle Absicherung, unzureichende digitale Ausrüstung für das Homeschooling, schlechte Zukunftsaussichten, Isolation und Ängste. Die Zahlen belegen es, immer mehr Kinder sind armutsgefährdet.

Was bedeutet dies für elementarpädagogische Einrichtungen?

Zum Thema Kinderarmut gab es im Spätsommer eine Umfrage von den Organisationen Die Kinderfreunde sowie Volkshilfe Österreich. Die Ergebnisse wurden auf der IDA-Tagung von Hanna Lichtenberger präsentiert. Drei Aspekte der Umfrage wurden intensiv diskutiert: Wie nehmen pädagogische Fachkräfte Armut bei Kindern wahr? Als häufigste Gründe wurden die Ausstattung der Kinder, die finanzielle Belastung durch die Kindergartengebühr sowie die Kosten für Zusatzangebote genannt. Wie gut fühlen sich ElementarpädagogInnen auf den Umgang mit armutsbetroffenen Familien durch ihre Ausbildung vorbereitet? Nur rund 15% fühlen sich gut und rund 34% nicht genügend vorbereitet. Das führt zum dritten Aspekt: Welche Maßnahmen würden ElementarpädagogInnen in der Praxis helfen, das Thema Kinderarmut (noch) besser bearbeiten zu können? Ein besserer Fachkraft-Kind-Schlüssel, Schulungen zum Thema Kinderarmut, Informationen über (finanzielle) Unterstützungsangebote, mehr Ressourcen für den Austausch im Team und vor allem SozialarbeiterInnen, die Familien unterstützen, Hilfsangebote zu finden bzw. sie mit Hilfsorganisationen zu vernetzen und mehr Zeit für Elternarbeit.

Können Kindergarten und Schule einen Beitrag zur Verbesserung der Kinderarmut leisten?

Ja, die betroffenen Einrichtungen könnten hier gegensteuern, darüber sind sich alle TeilnehmerInnen der IDA einig. Jedoch kommt hier wieder ein Aber: „Dem Kindergarten fehlen die Ressourcen, um armutsgefährdete Kinder und ihre Familien gezielt zu unterstützen. Mehr Fachpersonal, kostenlose frühkindliche Bildung in ganz Österreich und unterstützende Sozialarbeit wären drei entscheidende Faktoren, die hier merkliche Unterstützung bringen würden“, erklärt Susanna Haas, Vorsitzende der IDA-Tagung und pädagogische Leitung der St. Nikolausstiftung, das Grundproblem. Auch in den Schulen bräuchte es mehr finanzielle Unterstützung bzw. ein genaues Hinschauen, wie Familien gezielt geholfen werden kann.

Fazit der IDA-Tagung
Qualitativ hochwertige elementarpädagogische Einrichtungen und gut ausgebildete ElementarpädagogInnen sind essenziell für den gelungenen Start der Bildungslaufbahn von Kindern, besonders für Kinder aus sozioökonomisch benachteiligten Familien. Bereits jetzt sind rund 370.000 Kinder und Jugendliche von Armut und Ausgrenzung betroffen. Mit großer Sorge blicken viele ExpertInnen auf die nächsten Monate, die hohe Inflation wird die soziale Ungleichheit noch verstärken. Der Appell der IDA-Tagung lautet daher: Mehr Ressourcen für unsere Kinder und Jugendlichen!