Zusätzliche ExpertInnen im Kindergarten sinnvoll

„Mobile Dienste“ unterstützen Eltern, Kinder und KleinkindpädagogInnen im Alltag – Hilfe von ExpertInnen wie SonderkindergartenpädagogInnen, PsychologInnen und ErgotherapeutInnen wird vor Ort eher angenommen

Wien, 27. November 2012. Wenn Kinder im Kindergarten in ihrem Verhalten auffällig werden oder aufgrund ihrer Entwicklung oder ihres sozialen Kontextes besonders ausgeprägte Bedürfnisse besitzen, stoßen sie schnell an die Grenzen des österreichischen Regelbildungssystems. Knappe personelle Ressourcen, große Gruppengrößen und PädagogInnen die für derartige Fälle nicht ausgebildet sind, begünstigen ein Ausscheiden aus dem System. Kinder, Eltern und PädagogInnen werden häufig alleine gelassen und sind überfordert. Doch gerade im Kindergarten, der ersten Bildungseinrichtung, sollte mehr Platz für Handlungs- und Gesprächsmöglichkeiten sein. Werden Interventionen rasch und direkt im Kindergarten gesetzt, kommen sie auch an.

Die Mobilen Dienste der St. Nikolausstiftung – ein Best Practice Beispiel
Aus diesem Grund setzt die St. Nikolausstiftung, privater Träger von 79 Kindergärten und Horten in Wien, vermehrt auf zusätzliche ExpertInnen wie SonderkindergartenpädagogInnen, Psychologinnen und ErgotherapeutInnen vor Ort.  Die Hilfe der sogenannten „Mobilen Dienste“ passiert direkt im Umfeld des Kindes, um spätere Folgeerscheinungen wie z.B. negative Auswirkungen auf die Eltern-Kind-Dynamik und die weitere Bildungslaufbahn zu minimieren. Mit dieser Unterstützung kann das Kind – nach dem Prinzip der Inklusion – ein Zusammenleben in der sozialen Gemeinschaft und in seinem normalen Umfeld erlernen.

Entwicklungseinschätzungen zur Erkennung von Stärken und Schwächen
Die Mobilen Dienste sind nicht nur in Krisenfällen vor Ort, ein wesentlicher Schwerpunkt ist die Früherkennung von Entwicklungsverzögerungen und Talenten. Dazu dient ein sogenannter Entwicklungseinschätzungsbogen, der auf freiwilliger Basis bei allen 4-Jährigen angewandt wird. Überblicksartig werden die Bereiche Sprache, Motorik und kognitive Fähigkeiten sowie emotionale und soziale Kompetenzen erfasst. Diese Entwicklungseinschätzung bzw. der Bogen wurde nun an der Universität Wien, Fakultät für Psychologie, im Rahmen einer Diplomarbeit untersucht. Ass. Prof. Dr.in Ursula Kastner-Koller, die Betreuerin der Diplomandin, schildert die Vorteile der Einschätzung wie folgt: „Das Entwicklungsscreening durch die SonderkindergartenpädagogInnen erfüllt eine wichtige Filterfunktion im Vorfeld der differenzierten entwicklungsdiagnostischen Untersuchung durch die PsychologInnen." Dies bedeutet, dass Kinder mit einem Entwicklungsrisiko sehr häufig gleich erkannt werden, aufwändigere psychologische Untersuchungen können in weiterer Folge zielgerichteter stattfinden. „Werden Kinder richtig eingeschätzt, können die passenden Interventionen gesetzt und somit positive Entwicklungsverläufe angeregt werden“, erklärt Mag.a Natalie Bayer-Chisté, die Leiterin der Mobilen Dienste. „Der dadurch kostendämpfende Effekt durch die frühe Intervention ist für die Gesellschaft nicht unerheblich“, so Bayer-Chistè weiter.

Appell an die Politik
In der Stiftung zahlen alle Eltern für das Service der Mobilen Dienste einen Pauschalpreis von derzeit 22 EUR im Monat. Für sozial benachteiligte Familien werden die Kosten mit dem hauseigenen Sozialfonds gedeckt. Das Team ist gut aufgestellt, doch die Fälle von Kriseninterventionen häufen sich. Mehr Unterstützung von offizieller Seite täte gut. Das generelle bildungspolitische Ziel sollte ein ausreichendes Angebot von Integrationskindergärten und Horten und zusätzlichem Fachpersonal wie SonderkindergartenpädagogInnen, PsychologInnen und ErgotherapeutInnen in allen elementaren Bildungseinrichtungen sein.

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