Bildungsreform: Kindergärten benötigen mehr Ressourcen

Die St. Nikolausstiftung – eine der größten privaten Trägerorganisationen von Kindergärten in Wien – zeigt sich erfreut, dass dem Kindergarten als Bildungseinrichtung so viel Platz in der Bildungsreform eingeräumt wurde.
Dennoch müsse man "realistisch bleiben", so Mag. Elmar Walter, Geschäftsführer der St. Nikolausstiftung. "Es liegt auf der Hand, dass die von der Bildungsreformkommission vorgeschlagenen Neuerungen von Personen geplant wurden, die den Kindergarten nur von außen kennen."

In der St. Nikolausstiftung Entwicklungseinschätzung von Kindern seit Jahren etabliert
"Eine Umsetzung im Rahmen des Bildungskompasses vorgeschlagenen ‚Potentialanalyse‛ vor Kindergarteneintritt im Kindergarten ist sowohl inhaltlich als auch mit dem derzeitigen Personalschlüssel einfach nicht machbar. Die Kommission hat eine Verbesserung der generellen Rahmenbedingungen im Kindergarten nicht mitgedacht", so Susanna Haas, MA, pädagogische Leiterin der St. Nikolausstiftung.
Denn wie kann eine ganzheitliche Potentialanalyse im laufenden Betrieb, wenn das Kind noch nicht "Kindergartenkind" ist, umgesetzt werden? "Reaktionen von Kindern in fremder Umgebung sind oftmals schwierig zu deuten. Wenn gedacht ist, dass ein Gespräch ausreicht, ein Kind zu ,analysieren‛, dann wurden pädagogische und psychologische Erkenntnisse der letzten Jahre offensichtlich ausgeklammert," so Haas weiter.
Im Rahmen des Bildungskompass ist auch die "Opt-out-Möglichkeit" vorgesehen, die bedeutet, dass die Verpflichtung für das zweite Kindergartenjahr nach drei Monaten Kindergartenbesuch, wenn kein Förderbedarf besteht, wieder aufgehoben werden kann. Für alle Beteiligten und vor allem für Kinder, die bereits die Eingewöhnungsphase "geschafft" haben, eine sehr fragwürdige Möglichkeit.

In der St. Nikolausstiftung gibt es bereits eine eigens entwickelte und von der Universität Wien wissenschaftlich begleitete Entwicklungseinschätzung für alle 4-jährigen Kinder. Diese gilt als Vorzeigeprojekt in der Kindergartenlandschaft. Wichtig ist zu erwähnen, dass es dazu internes, zusätzliches Personal gibt – die Eltern bezahlen für diese zusätzliche Leistung. In Folge werden die Kinder, die St. Nikolaus-Kindergärten besuchen, im Rahmen des Kindergartens – ebenfalls mit zusätzlichem Personal – gefördert.
Auch hier brauchen Kindergärten dringend veränderte Rahmenbedingungen: ein besserer PädagogInnen-Kind-Schlüssel und eine  Ausbildung, die PädagogInnen professionelle Handlungsoptionen für Kinder mit Förderbedarf bereitstellt.

Portfolio: Umsetzung in der Praxis noch mit großem Fragezeichen
Im Reformpapier wird von einer einheitlichen Einführung eines Portfolio-Systems gesprochen. Hier bedarf es einer genaueren Spezifikation der Umsetzung. Portfolioarbeit gilt im Kindergarten als eine vom Kind ausgehende Dokumentation der eigenen Lernschritte. PädagogInnen unterstützen und schaffen die adäquate Umgebung für diese Methode, die eine gute Struktur und entsprechende Rahmenbedingungen brauchen. Was passiert mit den Kindern, die es auf Grund von fehlenden Ressourcen einer PädagogIn nicht schaffen, ein Portfolio für den Übergang in die Schule zu gestalten? Dies erzeuge Druck bei den PädagogInnen und bei den Eltern – womit man wieder bei den, von der Kommission (noch) nicht angesprochenen,  Rahmenbedingungen sei, so Haas.
Zudem kann ein Portfolio auf keinen Fall als Beobachtungs- und Dokumentationsinstrument der PädagogInnen gesehen werden und schon gar nicht als "verkleidetes Zeugnis".

Pädagogische Ausbildung noch intensiver ins Licht von Reformen rücken
Die Stärkung der Zusammenarbeit von Kindergarten und Schule, vielmehr der Ausbau von Schnittstellen, ist für die Bildungslaufbahn der Mädchen und Buben zukunftsweisend. Wann und wie dieser fachliche Austausch möglich gemacht wird, ist leider in keiner Weise aus dem vorgelegten Vorschlag herauszulesen.

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